Einschätzung zur Lage auf dem SAP-Arbeitsmarkt: Thomas Biber, Geschäftsführer der auf SAP-Profis spezialisierten Personalberatung Biber & Associates, konstatiert sowohl bei Beratungshäusern und SAP-Anwenderunternehmen als auch bei Bewerbern immer höhere Ansprüche: „Arbeitgeber suchen echte Beraterpersönlichkeiten. Fachkompetenz setzen sie voraus.“ Gefragt sind Berater, die sich einen guten Überblick erarbeitet haben. Bewerber mit Tunnelblick sind weniger gefragt.
Wer diesen Vorstellungen entspricht, lasse sich seine Fähigkeiten mittlerweile oft nicht nur in bare Münze umwandeln, sondern fordere Arbeitgebern oft auch Arbeitsmodelle für eine bessere Work-/Life Balance ab.
Vakanzen im SAP-Arbeitsmarkt
Nach wie vor werden SAP-Berater händeringend gesucht. Der akute Bedarf von Systemhäusern und SAP-Anwenderunternehmen an SAP-Expertise lässt sich kaum decken. Biber: „Die aktuelle Lage des SAP-Arbeitsmarkts lässt SAP-Beratungshäuser derzeit jeden qualifizierten Bewerber einstellen.“ Vor zwei Jahren sei das noch anders gewesen: Da saß auch mal ein guter Berater in der Warteschleife, bevor es eine neue berufliche Option gab. Nicht nur qualifizierten Seniorberatern stehen derzeit Tür und Tor offen, auch Nachwuchs wird händeringend gesucht. Den Hochschulabgängern der Studienrichtungen Wirtschaftsinformatik und Informatik bieten sich viele unzählige Vakanzen im SAP-Arbeitsmarkt – und das in allen Industriezweigen.
Bei dieser Marktlage verwundert es nicht, dass die Gehälter, die lange auf hohem Niveau stagnierten, nun neue Höhen erreichen. In Beratungshäusern sind sehr gute Berater, die uneingeschränkt reisebereit sind, bei einem Jahresgehalt von 100.000 bis sogar 120.000 Euro angesiedelt. Auf Teamleiterebene sind 100.000 bis 140.000 Euro Jahresgehalt realistisch. Da die für SAP-Systeme verantwortlichen Teams wachsen, ist der Bedarf hoch. Inhouse, also bei Anwenderunternehmen, kommt man als Senior-Berater mit acht bis zehn Jahren Berufserfahrung auch in einem kleineren Unternehmen auf rund 85.000 Euro Jahresgehalt.
HANA-Kompetenz wird erst ausgebildet
Auffällig ist im SAP-Markt, dass die Bedeutung von HANA stetig zunimmt. Auf den Arbeitsmarkt schlägt sich das derzeit nur indirekt nieder. HANA-Kompetenz ist so rar, dass sie in der Branche aktuell als Weiterbildungsaufgabe gilt. Beratungshäuser bemühen sich intensiv, ihre Berater mit internen Forschungsprojekten auf kommende Kundenanfragen vorzubereiten. Kompetenz in Sachen HANA ist also noch keine Voraussetzung für Bewerber. Wer jedoch über Aus-und Weiterbildungen Punkte sammeln will, kann dies derzeit am ehesten mit HANA-Kursen leisten. Ansonsten ist in der SAP-Arbeitswelt die Bewährung in der Praxis nach wie vor der springende Punkt.
Trotz HANA macht das klassische ERP-Geschäft macht jedoch nach wie vor den größten Anteil des SAP-Marktes aus. Hier gibt es keine großen Verschiebungen, was die verschiedenen SAP-Module betrifft. Kompetenz und Erfahrung bei SAP-Kernthemen wie BW (Business Information Warehouse), CO (Controlling), FI (Financial Accounting), MM (Materials Management), PP (Production Planning and Control), SD (Sales and Distribution), WM (Warehouse Management) sowie mit Personalwirtschaftsmodulen werden beständig gesucht; auch bei den meisten Nischenthemen herrscht ausreichend Nachfrage.
Die SAP ABAP-Entwicklung verlagern Unternehmen war oft ins Ausland, dennoch bleibt die Nachfrage nach Entwicklern größer als das Angebot. Zugleich steigen die Anforderungen an die Entwickler hinsichtlich Architektur, Methodik und Technologien.
Unternehmen in der Provinz müssen risikobereiter werden
Zusammenfassend rät Biber Bewerbern, vor allem in den ersten Berufsjahren zu hoher Flexibilität: „Reisebereitschaft, Umzugsbereitschaft, Offenheit für neue Themen und Aufgaben sind die besten Voraussetzung zum Start einer spannenden SAP-Karriere.“ Dafür kann der Berater dann auch entgegenkommende Unternehmen erwarten. Die Arbeitgeber wissen, dass sie angesichts des Wettbewerbs um die Talente ein attraktives Arbeitsumfeld bieten müssen.
Am schwierigsten stellt sich das für Unternehmen mit Standorten außerhalb der großen Ballungsräume dar. Ihnen rät Biber, risikobereiter zu werden. „Wenn diese Unternehmen jemanden aus Frankfurt oder München rekrutieren wollen, haben sie kaum eine Chance. Das gilt selbst, wenn sie ansonsten Top-Bedingungen bieten.“ Die Überlegung, jemanden aus Osteuropa anzuwerben oder einen technisch hochqualifizierten Mitarbeiter aus Indien zu suchen, könne im Einzelfall richtig sein. Dieser neue Mitarbeiter spreche zwar kein Deutsch, „der Job ist dann aber die Chance seines Lebens.“